Fallstudie: Engagement bewEISEN
Menschenrechts- und Umweltschutz in Eisenerz-Lieferketten
Die vorliegende Fallstudie wirft einen Blick auf die Abbauorte von Eisenerz in Brasilien. Was kann und muss sich bei uns ändern, damit unsere rohstoff-intensive Lebensweise und unsere industrielle Produktion hierzulande keine negativen Auswirkungen auf Menschenleben und Umwelt anderswo hat?
Mangel an Transparenz bei Eisenerzimporten nach Österreich
Eisen ist das Metall der Menschheitsgeschichte. In der industriellen Produktion wird 20-mal mehr Eisen eingesetzt als alle anderen Metalle zusammen. Die globale Förderung von Eisenerz hat sich in den letzten zwanzig Jahren fast verdreifacht. Da es eine relativ große österreichische Eisen- und Stahlindustrie gibt, werden auch erhebliche Mengen an Eisenerz importiert. Es besteht aber ein eklatanter Mangel an Transparenz: Als einziges Land in der EU veröffentlicht Österreich seit 2018 keine statistischen Daten zu seinen Eisenerzimporten.
Brasilien: Entwicklungsversprechen durch Eisenerzabbau werden nicht eingelöst
Die Fallstudie zum „Eisernen Viereck“ von Minas Gerais in Brasilien offenbart große Probleme mit dem dortigen Eisenerzabbau. Gemeinhin wird der Bergbausektor als sehr wesentlich für den Arbeitsmarkt und als „Motor“ der lokalen Entwicklung dargestellt. Es zeigt sich jedoch ein relativer Rückgang des Beitrags des Bergbaus zum öffentlichen Haushalt des Bundesstaats. Gesellschaftliche und ökologische Kosten werden – auch aufgrund von Steuererleichterungen und Steuervermeidungspraktiken – nicht angemessen durch Steuern und Abgaben ausgeglichen. Arbeitsplätze werden nicht im erhofften Ausmaß geschaffen. Die zunehmende Abhängigkeit von den Bergbaueinkommen führt zu einem Rückgang bei ganzheitlichen Entwicklungsindikatoren in den stark vom Bergbau abhängigen Gemeinden.
Foto: Vinícius Mendoça/IBAMA (CC BY-SA 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/
Monica Maria de Carvalho Rolla versucht nach der Schlammlawine zu bergen und reinigen, was noch möglich ist. Foto: Isis Medeiros
Schäden der Dammbrüche von Mariana und Brumadinho wirken nach
In den Schlammwellen der Bergbau-Desaster von Mariana (2015) und Brumadinho (2019) starben mindestens 291 Menschen. Entlang ganzer Flussläufe kam es zu massiven Zerstörungen. Der ausgetretene Bergwerksabfall führt bei der betroffenen Bevölkerung zu anhaltenden Problemen in Bezug auf Gesundheit, Wasserversorgung, Einkommensmöglichkeiten und Umweltschäden. Dazu kommen massive psychosoziale Belastungen. Die Prozesse zu Entschädigung und Wiedergutmachung verlaufen schleppend. Die Betroffenen haben kaum Mitsprachemöglichkeiten bei der Gestaltung der Wiederaufbauprogramme.
Lücken bei freiwilligen Initiativen für Verbesserungen in Eisenerz-Lieferketten
Im Bergbausektor kommt es in Ländern des Globalen Südens zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Eine Reihe von freiwilligen Instrumenten versucht hier mit der Einführung von sogenannten Prozessen für Sorgfaltsmaßnahmen (Due Diligence) gegenzusteuern. Werden diese ambitioniert umgesetzt, können Schritte in Richtung mehr menschenrechtlicher Verantwortung gesetzt werden. Die Analyse identifiziert allerdings auch Lücken in den bestehenden Instrumenten auf.
Foto: Marcelo Cruz/Justiça nos Trilhos
Der Trend zur Regulierung: Wie würde ein europäisches „Lieferkettengesetz“ helfen?
Es gibt seit mehreren Jahren einen Trend, regulatorisch Mindeststandards festzulegen und Sorgfaltspflichten verbindlich zu regeln. Im Februar 2022 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für ein europäisches „Lieferkettengesetz“ vorgelegt, der auch Eisenerz-Lieferketten umfasst. Die Analyse des Richtlinienentwurfs zeigt positive Aspekte, etwa Transparenzzuwächse, die Etablierung von Sorgfaltspflichten für gesamte Lieferketten, sowie die Sanktionierung bei Nicht- oder Schlechterfüllung von Sorgfaltspflichten auf. Nachbesserungen werden u. a. beim Geltungsbereich, beim Zugang zur Justiz und beim effektiven Schutz von Kinderrechten eingemahnt.
Foto: Fred Romero (CC BY 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/
Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit erstellt. Für den Inhalt sind die Herausgeber*innen allein verantwortlich.
Die Fallstudie wurde vom Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte, der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung, der Clínica de Direitos Humanos da Universidade Federal de Minas Gerais und der Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar erarbeitet und ist Teil des Projekts „#Rohstoffwende“ der ARBEITSGEMEINSCHAFT ROHSTOFFE.