Menschenrechte vor Profite: Sechs Parteien unterstützen verbindliche Regeln für Konzerne

Ab 23. Oktober wird im Menschenrechtsrat ein UN-Abkommen zu Konzernen und Menschenrechten weiter verhandelt. Ein von einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen durchgeführter Parteiencheck unter den wahlwerbenden Parteien*, die zur Nationalratswahl am Sonntag antreten, ergab ein relativ positives Bild: SPÖ, Grüne und KPÖ+ wollen sich vorbehaltlos für das UN-Abkommen zur verbindlichen Konzernregulierung einsetzen. Unterstützung mit Einschränkungen sicherten ÖVP, FPÖ und NEOS zu. Das UN-Abkommen bietet die historische Chance, Opfern von Menschenrechtsverletzungen endlich zu ihrem Recht zu verhelfen.

„Die österreichischen Parteien sprechen sich mehrheitlich dafür aus, Konzerne in die Schranken zu weisen und Menschen vor Profite zu stellen“, zeigt sich Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar erfreut. „Wir hoffen, dass diese Ansage auch nach der Wahl gilt“, so Wasserbauer weiter. In Österreich machen sich NGOs wie die Dreikönigsaktion, FIAN, Südwind, Attac, NeSoVe, Global2000, ÖBV-Via Campesina, Brot für die Welt sowie den Arbeitnehmer/innenvertretungen ÖGB, AK und PRO-GE für das UN-Abkommen stark. Österreich ist gefordert, sich konstruktiv und im Sinne der Menschenrechte in die Verhandlungen zum UN-Abkommen Ende Oktober in Genf und darüber hinaus einzubringen. Dazu haben die Organisationen eine Petition an Bundeskanzler Kern, Minister Kurz und die neue Bundesregierung gestartet.

Raster mit österreichischen politischen Parteien, die verbindliche Regeln für Unternehmen unterstützen

„Wer sich in Ländern wie Kolumbien, Brasilien, Guatemala, Philippinen usw. gegen Mega-Bergbau, Agrobusiness und Großinfrastrukturprojekte stellt, lebt äußerst gefährlich. Das betrifft immer wieder auch Projektpartner/innen, die wir aus Mitteln der Sternsingeraktion unterstützen. Das UN-Abkommen könnte endlich eine rechtliche Lücke schließen und transnationale Konzerne für Menschenrechtsverletzungen haftbar machen. Es ist ein wichtiger Schritt, dass sich die Weltgemeinschaft auf die Seite der Betroffenen stellt und Konzerne im Fall von massiven Vergehen nicht straflos davon kommen. Unverbindliche, nicht einklagbare Regulierungsmaßnahmen haben nicht gehalten, was sie diesbezüglich versprochen haben“, so Wasserbauer.

Laut SPÖ-Beantwortung sollten „Unternehmen endlich völkerrechtlich verbindlich verpflichtet (werden), bei deren Aktivitäten im Ausland Menschenrechte zu achten“, im Plan A von Bundeskanzler Kern werde auch explizit auf die Verantwortung von Unternehmen im Hinblick auf ihre Lieferketten und die Sicherung von Mindeststandards hingewiesen.

Aus der Beantwortung der ÖVP geht hervor, dass die ÖVP vor allem die Umsetzung der existierenden, unverbindlichen Regelungen weiter vorantreiben möchte, sich im Rahmen des Prozesses zum UN-Abkommen aber „aktiv in die Verhandlungen einbringen“ will und einen auf „Konsens aufbauenden Zugang“ mit der Wirtschaft und weiteren EU-Ländern anstrebt. Inwieweit die ÖVP bereit ist, für den Schutz der Menschenrechte nötige Maßnahmen auch gegen den Willen transnationaler Konzerne bzw. deren Heimatländern zu forcieren, geht aus der Beantwortung nicht hervor. Die EU und die meisten EU-Mitgliedsländer waren bisher gegenüber dem Abkommen skeptisch bis ablehnend.

Auch die FPÖ verweist auf existierende, unverbindliche Regelungen, bekräftigt aber: „Dass Unternehmen entsprechend verantwortungsvoll und mit Sorgfalt insbesondere im Zusammenhang mit der Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und geforderten Standards im Bereich Umwelt und Gesundheit umgehen, muss selbstverständlich sein“. Eine klare Position bzgl. des genannten UN-Prozesses für ein rechtsverbindliches UN-Abkommen geht daraus nicht hervor.

Grundsätzlich halten die NEOS ein solches Abkommen für „unterstützenswert“ und „verbindliche Regeln für globale Wertschöpfungsketten für wichtig“. Sie verweisen vor allem auf die Wichtigkeit eines Konsenses innerhalb der EU.

„Es reicht nicht aus, nur mit am Tisch zu sitzen: Österreich muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen“, bekräftigen in diesem Zusammenhang die Grünen. Sie verweisen auf ihren intensiven, jahrelangen Einsatz bei der Forderung von Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette für österreichische und europäische Unternehmen.

Die KPÖ+ befindet: „Eine menschenrechtliche Regulierung der Weltwirtschaft ist dringend notwendig“ und: „Es gilt, (…) vor allem Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit zu geben, ihre Rechte einzufordern.“ Die Verankerung eines klaren Vorrangs von Menschenrechtsabkommen und -verpflichtungen gegenüber anderen Abkommen insbesondere Handels- und Investitionsabkommen fordern nur Grüne und KPÖ+ explizit.

Auch Bürgerinnen und Bürger treten für mehr Gerechtigkeit ein, betont Wasserbauer. Eine von den genannten Organisationen gestartete Petition zur Beteiligung Österreichs am Erarbeitungsprozess zum UN-Abkommen kann unter http://www.dka.at/schwerpunkte/petition-menschen-vor-profite/ unterschrieben werden. Dies ist auch im Kontext der österreichischen Bewerbung um einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat für die Periode 2019-21 zu sehen. „Österreich verweist bei jeder Gelegenheit auf die österreichische Tradition im Hinblick auf den weltweiten Schutz der Menschenrechte. Der Wille der Zivilgesellschaft, die Unterstützung der Parteien, die Bewerbung für den UN-Menschenrechtsrat - all dies lässt eigentlich kein anderes Handeln, als den konsequenten Einsatz für dieses längst überfällige Instrument zur Durchsetzung von Menschenrechten zu“, so Wasserbauer abschließend.

*Von folgenden wahlwerbenden Parteien gab es keine Rückmeldung: Liste Peter Pilz, Die Weißen, Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell, Liste Roland Düringer – Meine Stimme Gilt     

Link zur Petition: http://www.dka.at/schwerpunkte/petition-menschen-vor-profite/