Fallstudie: Von Indien nach Österreich: Die Reise des Tees und die Verantwortung europäischer Unternehmen. Menschenrechtsverletzungen auf den Teeplantagen im Nordosten Indiens

Die Fallstudie beleuchtet die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf Teeplantagen im Nordosten Indiens sowie die Liefer- und Wertschöpfungsketten zwischen Indien und Europa und wirft die Frage auf: Was kann und muss sich in Europa ändern, um Menschenrechtsverletzungen auf den Teeplantagen zu verhindern?

Tee ist nach Wasser das am zweithäufigsten konsumierte Getränk der Welt. Die weltweite Produktion ist in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen und nimmt weiter zu. Dabei spielt Indien eine zentrale Rolle: Das Land ist nach China der zweitgrößte Teeproduzent der Welt und der zweitgrößte Teelieferant für Europa.

Der Großteil des indischen Tees (über 80%) wird im Nordosten des Landes in den Bundesstaaten Assam und Westbengalen produziert. 

Trotz der Ausdehnung und Bekanntheit der Teeproduktion im Nordosten Indiens zeigen zahlreiche Studien schwerwiegende Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen auf den Teeplantagen auf. Den Arbeiter*innen auf den Teeplantagen wird das Recht auf existenzsichernde Löhne und menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen systematisch verweigert.

Historische Wurzeln und anhaltende Missstände

Die indische Teeindustrie hat ihren Ursprung in der britischen Kolonialzeit. Auch nach der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 blieben viele der kolonialen Strukturen auf den Teeplantagen erhalten. So sind Beschäftigte weiterhin fast vollständig von ihren Arbeitgebern abhängig. Ihre Löhne liegen weit unter einem existenzsichernden Einkommen. 

Eine Studie von Oxfam 2019 zeigt gravierende Missstände auf Teeplantagen in Assam: Über die Hälfte der Arbeiter*innen leidet an Hunger, während desolate Unterkünfte, fehlende Toiletten, mangelhafte Trinkwasserversorgung und fehlender Zugang zu medizinischer Betreuung die Lebensbedingungen prägen. 

Frauen und Kinder sind besonders betroffen. Frauen übernehmen die harte Arbeit des Teepflückens und haben meist keinerlei soziale Absicherung. Kinder, die auf Plantagen aufwachsen, leiden besonders unter den schwierigen Bedingungen. Auch Kinderarbeit in den Teeplantagen existiert weiterhin auf den Plantagen. Kinderarbeit bleibt ein Problem, und mangelnde Bildungsmöglichkeiten verschärfen die Perspektivlosigkeit.

Ungleiche Verteilung der Gewinne entlang der Wertschöpfungskette

Die Wertschöpfungskette des Tees zeigt große Ungleichheit. Während Marken und Einzelhändler den Großteil des Endverkaufspreises einstreichen (rund 86 %), verbleiben nur etwa 1,4 % bei den Arbeiter*innen. Von den rund 3 Euro, die eine Packung Schwarztee in Europa kostet, erhalten Arbeiter*innen also lediglich rund 4 Cent.

Die Verantwortung europäischer Unternehmen

Europäische Unternehmen erkennen ihre Verantwortung für die Verbesserung der Bedingungen am anderen Ende der Lieferkette zwar zunehmend an und setzen freiwillige Initiativen. Diese reichen allerdings nicht weit genug. Es bedarf verbindlicher Regelungen, um strukturelle und nachhaltige Veränderungen zu erreichen.

Die EU hat mit der neuen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) einen wichtigen Schritt in Richtung unternehmerischer Verantwortung für menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten getan. 

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen setzen wir uns für die Einhaltung menschenrechtlicher Standards und eine gerechtere Verteilung der Gewinne entlang der Wertschöpfungskette ein. Arbeiter*innen im gesamten Teesektor müssen ein existenzsicherndes Einkommen erhalten und sozial abgesichert sein. Transparente Lieferketten, faire Preise und eine stärkere Kontrolle durch unabhängige Institutionen sind entscheidend, um menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen auf den Teeplantagen zu gewährleisten.

Die Dreikönigsaktion hat als Teil unserer Arbeit zum Thema Unternehmensverantwortung drei Studien in Auftrag gegeben. Ein 8-seitiges Factsheet fasst die Ergebnisse der Studien zusammen.